JÄGER Busi­ness Blog

Abstim­mungs­ge­spräch und Erst­mus­ter­prüf­be­richt (EMPB): Miss­ver­ständ­nis­se vermeiden

17.08.2022   | Hen­ning Kracht

Fließband für Personalcomputer, Herstellungsprozess.

WHITEPAPER

Den Start of Pro­duc­tion sichern

Erfah­ren Sie, wel­che Fak­to­ren Ihren SOP beeinflussen!

Wenn Men­schen kom­mu­ni­zie­ren, kön­nen Miss­ver­ständ­nis­se auf­tre­ten, auch im indus­tri­el­len Kon­text. Reden Anbie­ter und Kun­de anein­an­der vor­bei, sind unnö­ti­ge Kor­rek­tur­schlei­fen, Ver­zö­ge­run­gen und stei­gen­de Kos­ten die Fol­ge. Dies zu ver­hin­dern, ist Auf­ga­be der Ver­triebs- und Pro­jekt­ab­tei­lung mit Unter­stüt­zung der Qua­li­täts­si­che­rung. Wich­ti­ge Maß­nah­men zu die­sem Zweck sind im Gum­mi- und Kunst­stoff­be­reich das Abstim­mungs­ge­spräch und der Erst­mus­ter­prüf­be­richt (EMPB).

Das Abstim­mungs­ge­spräch

Vor Beginn der Zusam­men­ar­beit müs­sen Kun­de und Anbie­ter sicher­stel­len, dass sie die Pro­jekt­an­for­de­run­gen auf die glei­che Wei­se inter­pre­tie­ren. Andern­falls kann es pas­sie­ren, dass der Anbie­ter eine Lösung ent­wirft, die nicht den Qua­li­täts- oder Funk­ti­ons­an­sprü­chen des Kun­den ent­spricht. Das Abstim­mungs­ge­spräch soll die­sen Ärger vermeiden.

In der Regel fin­det das Abstim­mungs­ge­spräch kurz nach Auf­trags­ein­gang statt. Auch ein frü­he­rer Zeit­punkt ist mög­lich, z. B. kurz nach­dem der Kun­de erst­mals Kon­takt mit dem Lie­fe­ran­ten auf­ge­nom­men hat. In die­sem Fall ist das Abstim­mungs­ge­spräch Teil der ver­trieb­li­chen Beratung.

Der Fokus des Gesprächs hängt von der Auf­ga­ben­stel­lung ab. Ver­fügt der Kun­de bereits über detail­lier­te Kon­struk­ti­ons­zeich­nun­gen, ist die Abstim­mung eher eine Prü­fung der Umsetz­bar­keit durch den Anbie­ter, ergänzt von even­tu­el­len Optimierungsvorschlägen.

Wen­det sich der Kun­de dage­gen mit einer Rei­he von Anfor­de­run­gen an einen Pro­du­zen­ten, nimmt das Abstim­mungs­ge­spräch den Cha­rak­ter einer Bera­tung an. Der Anbie­ter beur­teilt die Anfor­de­run­gen, stellt Rück­fra­gen und schlägt dem Kun­den eine pas­sen­de Lösung vor.

In bei­den Fäl­len steht die Ent­wick­lung einer gemein­sa­men Ziel­vor­stel­lung im Vor­der­grund. Kun­de und Anbie­ter eini­gen sich dar­auf, wie die zu pro­du­zie­ren­de Kom­po­nen­te aus­se­hen soll und wel­che Eigen­schaf­ten sie auf­wei­sen muss. Sinn des Gan­zen ist, Miss­ver­ständ­nis­se und über­flüs­si­ge Kor­rek­tur­schlei­fen zu ver­mei­den. Die­se kön­nen durch simp­le Kom­mu­ni­ka­ti­ons­feh­ler ent­ste­hen (Kun­de meint A, Lie­fe­rant ver­steht B) oder durch fal­sche Annah­men, die nicht auf­ge­klärt wer­den (Kun­de meint, A wäre selbst­ver­ständ­lich und müss­te im Las­ten­heft nicht extra auf­ge­führt werden).

Gera­de die zwei­te Vari­an­te tritt im Gum­mi- und Kunst­stoff­be­reich rela­tiv häu­fig auf. Vie­le Unter­neh­men über­tra­gen ihre Erfah­run­gen mit Metal­len auf ande­re Werk­stof­fe, obwohl dies nicht der Rea­li­tät ent­spricht. Zum Bei­spiel sind stren­ge Tole­ran­zen im Metall­be­reich kein Pro­blem, mit Gum­mi aber kaum umsetzbar.

Hinweis: 

Das Abstim­mungs­ge­spräch erfüllt eine wich­ti­ge Auf­ga­be, da Miss­ver­ständ­nis­se in die­ser frü­hen Pha­se des Pro­duk­ti­ons­pro­zes­ses mühe­los kor­ri­giert wer­den kön­nen. Zu einem spä­te­ren Zeit­punkt sind Anpas­sun­gen mit deut­lich mehr Auf­wand und auch Kos­ten ver­bun­den, etwa wenn nach der Erst­be­mus­te­rung das Werk­zeug ange­passt wer­den muss. 

Der Erst­mus­ter­prüf­be­richt (EMPB)

Trotz inten­si­ver Abstim­mun­gen sind in Ent­wick­lungs­pro­jek­ten Miss­ver­ständ­nis­se mög­lich, etwa dann, wenn bei­de Sei­ten das Gesag­te unter­schied­lich inter­pre­tie­ren. Daher ist es erfor­der­lich, Erst­mus­ter zu erstel­len, anhand des­sen Kun­de und Anbie­ter ihr Ver­ständ­nis der Spe­zi­fi­ka­tio­nen unter Seri­en­be­din­gun­gen abglei­chen kön­nen. Dies erfolgt im Rah­men der Erst­be­mus­te­rung sowie des Erstmusterprüfberichts.

Definition: 

Erst­mus­ter sind Tei­le, Pro­duk­te und Mate­ria­li­en, die voll­stän­dig mit seri­en­mä­ßi­gen Betriebs­mit­teln unter seri­en­mä­ßi­gen Bedin­gun­gen her­ge­stellt und ein­schließ­lich aller gefor­der­ten bzw. ver­ein­bar­ten Eigen­schaf­ten und Spe­zi­fi­ka­tio­nen geprüft wer­den. Grund­la­ge sind u. a. frei­ge­ge­be­ne Zeich­nun­gen oder CAD-Daten­sät­ze sowie der gefor­der­te Werk­stoff.

Wie der Bemus­te­rungs­pro­zess kon­kret aus­sieht, hängt von den Wün­schen und Anfor­de­run­gen des Kun­den ab. Ent­hal­ten sind in jedem Fall ein Mus­ter der bestell­ten Tei­le in allen abge­spro­che­nen Vari­an­ten (je nach Kun­den­an­for­de­rung auch meh­re­re Mus­ter) sowie fol­gen­de Dokumente:

Wei­te­re Doku­men­te sind nach Ver­ein­ba­rung mög­lich. Glei­ches betrifft die Opti­on, für den Erst­mus­ter­prüf­be­richt Vor­la­gen des Kun­den anstel­le der Stan­dard­do­ku­men­te des Zulie­fe­rers zu verwenden.

Kon­trol­le von Pro­dukt­mus­tern in der Fertigung

Wozu dient der Erstmusterprüfbericht?

Abseits sei­ner pri­mä­ren Auf­ga­be, die Qua­li­tät zuge­kauf­ter Tei­le, Pro­duk­te und Mate­ria­li­en sicher­zu­stel­len, erfüllt der EMPB drei Funktionen:

1. Er stellt eine Absi­che­rung für den Lie­fe­ran­ten dar. Der Anbie­ter lie­fert im Rah­men der Erst­be­mus­te­rung den Nach­weis, dass er die Vor­ga­ben des Kun­den kor­rekt inter­pre­tiert hat und in der Lage ist, das Teil in der gewünsch­ten Qua­li­tät zu pro­du­zie­ren. Nach der Erst­mus­ter­frei­ga­be sieht er sich kei­nem Risi­ko mehr aus­ge­setzt, die Kos­ten einer nach­träg­li­chen Pro­dukt­an­pas­sung tra­gen zu müssen.

2. Er sichert den Kun­den ab. Die­ser erhält mit dem Erst­mus­ter eine Qua­li­täts­vor­la­ge, auf deren Repro­du­zier­bar­keit er sich nach Frei­ga­be stets beru­fen kann. Wei­chen die Seri­en­ar­ti­kel deut­lich vom Erst­mus­ter ab, hat der Kun­de die Mög­lich­keit, eine Nach­bes­se­rung zu fordern.

3. Er ver­mei­det Miss­ver­ständ­nis­se. Das Erst­mus­ter demons­triert das Anfor­de­rungs­ver­ständ­nis des Lie­fe­ran­ten. Es bil­det eine Dis­kus­si­ons­grund­la­ge, anhand derer Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen iden­ti­fi­ziert und besei­tigt wer­den kön­nen. Nach der Frei­ga­be des Erst­mus­ter­prüf­be­richts kann kei­ner der Betei­lig­ten mehr behaup­ten, die ande­re Sei­te hät­te die Anfor­de­run­gen falsch beschrie­ben oder verstanden.

Fazit

In der Pro­duk­ti­on umfasst die Qua­li­täts­si­che­rung nicht nur die ope­ra­ti­ve Ebe­ne, son­dern auch die Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Kun­de und Lie­fe­rant. Bei­de Sei­ten müs­sen sicher­stel­len, dass wäh­rend der Abstim­mung kei­ne Miss­ver­ständ­nis­se auf­tre­ten, die andern­falls Ver­zö­ge­run­gen und stei­gen­de Kos­ten nach sich ziehen.

Das Abstim­mungs­ge­spräch und der Erst­mus­ter­prüf­be­richt sind wich­ti­ge Bau­stei­ne in die­sem Pro­zess. Bei­de die­nen dazu, alle Betei­lig­ten an einen Tisch zu brin­gen und offe­ne Punk­te zu klä­ren, sei es im kon­zep­tio­nel­len Kon­text oder unter Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen. Die­ser Infor­ma­ti­ons­aus­tausch ist unab­ding­bar, um die Seri­en­fä­hig­keit des Pro­dukts sicher­zu­stel­len. Daher soll­ten Fer­ti­gungs­un­ter­neh­men sowohl der initia­len Abspra­che als auch der Bemus­te­rung die nöti­ge Auf­merk­sam­keit schenken.

White­pa­per:
Den Start of Pro­duc­tion sichern

Erfah­ren Sie, wel­che Fak­to­ren Ihren SOP beeinflussen! 

Autor: Hen­ning Kracht

Hen­ning Kracht ist gelern­ter Maschi­nen­bau­tech­ni­ker und Lei­ter der Qua­li­täts­si­che­rung bei Jäger Gum­mi und Kunststoff. 

Jetzt Bei­trag teilen!

Facebook 
LinkedIn 
Telegram 
WhatsApp 
XING 
Email 

Covid-19 Contents