JÄGER Busi­ness Blog

Brand­schutz bei Kunst­stoff- und Gummiprodukten

19.10.2022   | Ste­fa­nie Schelberg

Fließband für Personalcomputer, Herstellungsprozess.

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Brand­schutz ist ein wich­ti­ges The­ma und muss je nach Anwen­dungs­ge­biet bei der Ent­wick­lung von Kunst­stoff- und Gum­mi­kom­po­nen­ten berück­sich­tigt wer­den. Wenn bei­spiels­wei­se ein elek­tro­ni­sches Pro­dukt oder die Aus­stat­tung eines Fahr­zeugs in Brand gerät, sind nicht nur Sach­wer­te, son­dern auch Men­schen­le­ben gefähr­det. Aus die­sem Grund müs­sen die ein­ge­setz­ten Werk­stof­fe Brand­schutz­nor­men erfül­len, um im Fal­le eines Bran­des best­mög­li­chen Schutz zu bieten.

Bei Jäger begeg­nen uns zwei die­ser Nor­men beson­ders häu­fig: Die ame­ri­ka­ni­sche UL94 sowie die euro­päi­sche DIN EN 45545.

UL94 – Brand­schutz für Kunst­stof­fe in Gerä­ten und Anwendungen

UL94 ist eine Brand­schutz­norm der US-ame­ri­ka­ni­schen Orga­ni­sa­ti­on Under­wri­ters Labo­ra­to­ries (UL), die auf Pro­dukt- und Mate­ri­al­zer­ti­fi­zie­run­gen spe­zia­li­siert ist. Die Norm prüft die Ent­flamm­bar­keit von Kunst­stof­fen für Kom­po­nen­ten in Elek­tro- und Haus­halts­ge­rä­ten und wur­de mit meh­re­ren inter­na­tio­na­len Stan­dards harmonisiert.

Ihre Mess­kri­te­ri­en beur­tei­len unter ande­rem die Brenn­ge­schwin­dig­keit, die Ver­lö­schungs­zeit, die Nach­glimm­dau­er und die Trop­fen­bil­dung. Ins­ge­samt beinhal­tet sie zwölf Klas­si­fi­zie­run­gen, abhän­gig vom Ein­satz­be­reich des zu prü­fen­den Materials:

Das Prüf­ver­fah­ren hängt von der jewei­li­gen Brenn­bar­keits­klas­se ab. Der Prüf­ling wird ent­we­der hori­zon­tal (Kenn­zeich­nung H) oder ver­ti­kal (Kenn­zeich­nung V) aus­ge­rich­tet und dann für eine bestimm­te Zeit einer defi­nier­ten Flam­me eines Bun­sen­bren­ners aus­ge­setzt. Die strengs­te schwer ent­flamm­ba­re Klas­si­fi­zie­rung ist die 5VA Prüfung. 

Prüf­ling in der Flam­me eines Bunsenbrenners

Die hori­zon­ta­le Klas­si­fi­zie­rung HB tes­tet nach ein­ma­li­ger Beflam­mung die Brand­ge­schwin­dig­keit, unter Berück­sich­ti­gung der Mate­ri­al­stär­ke. Die ver­ti­ka­len Brenn­bar­keits­klas­sen V‑2 bis V‑0 beflam­men zwei­mal. Sie prü­fen die Brenn- und Nach­glimm­dau­er und tes­ten, ob sich bren­nen­de Par­ti­kel von der Mate­ri­al­pro­be lösen, die einen unter dem Prüf­ling befind­li­chen Baum­woll­in­di­ka­tor entzünden.

Die Klas­sen 5VB und 5VA wei­sen stren­ge­re Kri­te­ri­en auf. Hier wird der Prüf­ling fünf­mal einer Flam­me aus­ge­setzt, die unge­fähr zehn­mal stär­ker ist als bei den Prü­fun­gen nach V‑0, V‑1, V‑2 und HB. Geprüft wird sowohl das Brenn­ver­hal­ten ver­ti­kal aus­ge­rich­te­ter Stä­be als auch die Loch­bil­dung an hori­zon­tal ein­ge­spann­ten Platten.

Die VTM-Kri­te­ri­en ähneln denen der Klas­sen V‑2 bis V‑0. Aller­dings wird die Flam­me nur 3 statt 10 Sekun­den ange­wen­det. Bei den HBF-Prü­fun­gen ist die Beflam­mungs­zeit mit 60 Sekun­den deut­lich länger.

Tipp: 

Die exak­ten Prüf­kri­te­ri­en der ein­zel­nen Brenn­bar­keits­klas­sen kön­nen Sie auf der Web­site der Under­wri­ters Labo­ra­to­ries nachlesen. 

DIN EN 45545 – Brand­schutz in Schienenfahrzeugen

Die DIN EN 45545 ist eine euro­päi­sche Norm und auf den Brand­schutz in Schie­nen­fahr­zeu­gen aus­ge­rich­tet. Sie ist in zwei Tei­le gegliedert:

Die Norm soll sicher­stel­len, dass Fahr­gäs­te und Zug­per­so­nal im Brand­fall mög­lichst kei­ne gesund­heit­li­chen Schä­den davon­tra­gen und rei­bungs­los eva­ku­iert wer­den kön­nen. Sach­wer­te (z. B. das Fahr­zeug selbst) spie­len eine unter­ge­ord­ne­te Rolle.

Die Aus­ge­stal­tung der Brand­schutz­vor­schrif­ten in DIN EN 45545–2 hängt von der Gefähr­dungs­stu­fe ab. Die­se setzt sich aus der Bau­art- sowie der Betriebs­klas­se zusam­men, wel­che in DIN EN 45545–1 beschrie­ben werden.

Die Bau­art­klas­se kate­go­ri­siert die Kon­struk­ti­on des Fahr­zeugs sowie sei­ne pri­mä­re Funktion:

Die Betriebs­klas­se gibt die Ein­satz­be­din­gun­gen des Fahr­zeugs wie­der und damit den Kon­text sei­nes Betriebs:

Die Gefähr­dungs­stu­fe (Hazard Level) ergibt sich aus einer Matrix, deren Dimen­sio­nen Bau­art- und Betriebs­klas­se dar­stel­len. Es gibt drei Kate­go­rien: HL1 (nied­ri­ge Gefähr­dung), HL2 (mitt­le­re Gefähr­dung) und HL3 (hohe Gefährdung).

N
A
D
S
OC1
HL1
HL1
HL1
HL2
OC2
HL2
HL2
HL2
HL2
OC3
HL2
HL2
HL2
HL3
OC4
HL3
HL3
HL3
HL3

Die Ein­stu­fung zeigt, dass die Anfor­de­run­gen stei­gen, je kri­ti­scher sich die Eva­ku­ie­rungs­si­tua­ti­on darstellt.

Wel­che Prüf­ver­fah­ren und Grenz­wer­te für ein­zel­ne Kom­po­nen­ten vor­ge­se­hen sind, hängt von der Gefähr­dungs­stu­fe ab und wird in DIN EN 45545–2 detail­liert beschrie­ben. Die Anfor­de­run­gen unter­schei­den sich unter ande­rem in Bezug auf die Rauch­ent­wick­lung, den Sau­er­stoff­ge­halt und die Ent­ste­hung toxi­scher Gase.

Bei Inter­es­se kön­nen Sie die kom­plet­te Norm hier erwerben.

Kon­se­quen­zen für die Materialauswahl

Die Ver­mu­tung liegt nahe, dass der Werk­stoff mit der höchs­ten Brand­schutz­klas­se immer die bes­te Wahl ist. Die Brand­schutz­klas­se zu maxi­mie­ren kann unter Umstän­den jedoch bedeu­ten, dass der Werk­stoff ande­re gewünsch­te Eigen­schaf­ten ver­liert. Die Mate­ri­al­aus­wahl im Gum­mi- und Kunst­stoff­be­reich ist kom­plex. Es gibt ver­schie­de­ne Fak­to­ren zu beach­ten, die in Rela­ti­on ste­hen. An einer Schrau­be zu dre­hen, kann Kon­se­quen­zen an ande­rer Stel­le haben.

So kann sich der Ein­satz von Zusatz­stof­fen, die die Flamm­wid­rig­keit ver­bes­sern, nega­tiv auf ande­re Eigen­schaf­ten, wie bei­spiels­wei­se die UV-Sta­bi­li­tät, die Bie­ge­fes­tig­keit oder die Tem­pe­ra­tur­sta­bi­li­tät des Werk­stoffs aus­wir­ken. Zudem sind erhöh­te Anfor­de­run­gen an Werk­stof­fe häu­fig auch mit erhöh­ten Mate­ri­al­kos­ten ver­bun­den und die Mate­ri­al­aus­wahl wird eingegrenzt.

Es ist daher sinn­voll, die tat­säch­li­chen Min­dest­an­for­de­run­gen auf Basis der Anwen­dungs­si­tua­ti­on ent­lang der Lie­fer­ket­te abzu­stim­men. Somit kann im Zwei­fels­fall der Ein­satz eines über­qua­li­fi­zier­ten Werk­stoffs, und damit auch höhe­re Mate­ri­al­kos­ten, ver­mie­den und ein mög­li­cher Wett­be­werbs­nach­teil aus­ge­schlos­sen werden.

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Autorin: Ste­fa­nie Schelberg

Ste­fa­nie Schel­berg ist gelern­te Indus­trie­kauf­frau und Wirt­schafts­fach­wir­tin. Sie ist seit 2016 bei Jäger im Ver­trieb tätig und für kun­den­spe­zi­fi­sche Pro­duk­te zuständig.

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