JÄGER Busi­ness Blog

Gum­mi und Kunst­stoff in der Medizintechnik

31.08.2022   | Tobi­as Bettels

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Gum­mi und Kunst­stoff sind aus der Medi­zin­tech­nik nicht mehr weg­zu­den­ken. Dank ihrer fle­xi­blen Eigen­schaf­ten sind sie wie geschaf­fen für den Ein­satz in Arzt­pra­xen, Kran­ken­häu­sern und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen. Sie sind bruch­si­cher, leicht zu rei­ni­gen, neh­men kei­ne Gerü­che auf und haben ein gerin­ges All­er­gie­ri­si­ko. Aller­dings ist die Ent­wick­lung von medi­zi­ni­schen Gum­mi- und Kunst­stoff­lö­sun­gen eine Her­aus­for­de­rung, denn sie unter­lie­gen stren­gen Regu­la­ri­en und hohen Qualitätsansprüchen.

Ein­satz­be­rei­che für Kunst­stof­fe und Elastomere

Die Eigen­schaf­ten von Kunst­stof­fen und Elas­to­me­ren las­sen sich durch Zuschlag­stof­fe fle­xi­bel an den Ein­satz­be­reich anpas­sen. Je nach Zusam­men­set­zung sind ihre Cha­rak­te­ris­ti­ka stär­ker oder schwä­cher aus­ge­prägt. Das macht sie für den medi­zi­ni­schen Bereich attrak­tiv, denn die­ser zeich­net sich durch hohe Anfor­de­run­gen aus. Ein Werk­stoff, der sich fle­xi­bel auf einen bestimm­ten Ste­ri­li­sa­ti­ons­pro­zess zuschnei­den lässt, ist hier bei­spiels­wei­se von hohem Wert.

Gleich­zei­tig ist zu beach­ten, dass in der Medi­zin häu­fig Sin­gle-Use-Pro­duk­te zum Ein­satz kom­men, die ste­ri­li­siert ange­lie­fert und nach Gebrauch ent­sorgt wer­den. Der Preis spielt daher eine gro­ße Rol­le. Ein­weg­sprit­zen, die zu Tau­sen­den von Kran­ken­häu­sern geor­dert wer­den, dür­fen bei­spiels­wei­se kei­ne hohen Stück­kos­ten aufweisen.

Trotz­dem gel­ten nach wie vor die Qua­li­täts­an­sprü­che der Medi­zin­in­dus­trie. Um die­sen Spa­gat zu schaf­fen, braucht es fle­xi­ble Mate­ria­li­en, deren Cha­rak­te­ris­ti­ka prä­zi­se modi­fi­ziert wer­den können.

Es gibt vie­le Anwen­dungs­be­rei­che für Elas­to­me­re und Kunst­stof­fe in der Medi­zin­tech­nik. Bei­spie­le sind unter anderem:

Zudem fin­den die Werk­stof­fe in elek­tro­ni­schen Bau­tei­len Ver­wen­dung, die in Medi­zin­pro­duk­ten ver­baut sind. Zum Beispiel: 

Ein­weg­hand­schu­he und ‑sprit­zen als Anwen­dungs­be­reich für Polymere

Beson­de­re Anfor­de­run­gen an Gum­mi- und Kunststoffprodukte

Die Medi­zin­tech­nik stellt hohe Ansprü­che an Gum­mi- und Kunst­stoff­pro­duk­te, denn Defek­te kön­nen gra­vie­ren­de Kon­se­quen­zen für Gesund­heit und Leben der Patient:innen haben. Die spe­zi­fi­schen Vor­ga­ben hän­gen davon ab, ob und wie das Pro­dukt mit dem Kör­per in Kon­takt kommt.

Für alle Medi­zin­pro­duk­te, die direk­ten Kon­takt mit Patient:innen haben, gilt die Anfor­de­rung der Bio­kom­pa­ti­bi­li­tät. Das heißt, sie dür­fen kei­ner­lei nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf den Orga­nis­mus haben und müs­sen frei von gesund­heits­schäd­li­chen Stof­fen oder Neben­wir­kun­gen sein. Die genau­en Spe­zi­fi­ka­tio­nen der Bio­kom­pa­ti­bi­li­tät sind in der ISO 10993 festgelegt.

Zu beach­ten ist, dass Bio­kom­pa­ti­bi­li­tät auch Peri­phe­rie­ge­rä­te betref­fen kann, in Form indi­rek­ter Zusam­men­hän­ge. Dies ist bei­spiels­wei­se bei Plas­tik­beu­teln für Blut­kon­ser­ven der Fall. Der Beu­tel selbst kommt zwar nicht mit dem mensch­li­chen Kör­per in Berüh­rung, sein Inhalt aller­dings schon. Der Kunst­stoff darf die Blut­kon­ser­ve nicht kon­ta­mi­nie­ren. Also gilt auch hier unbe­ding­te Biokompatibilität.

Mate­ri­al­aus­wahl in der Medizintechnik

Die Medi­zin zeich­net sich durch einen brei­ten Anfor­de­rungs­ka­ta­log aus. Kunst­stof­fe und Elas­to­me­re sind hier ver­schie­de­nen Che­mi­ka­li­en, Rei­ni­gungs- und Lösungs­mit­teln aus­ge­setzt und müs­sen hohen Qua­li­täts­an­sprü­chen genü­gen. All die­se Fak­to­ren haben direk­ten Ein­fluss auf die Mate­ri­al­aus­wahl.

Ins­be­son­de­re der Ste­ri­li­sa­ti­ons­pro­zess stellt Medi­zin­pro­dukte­her­stel­ler vor Her­aus­for­de­run­gen, denn er setzt das Mate­ri­al unge­wöhn­li­chen Belas­tun­gen aus. Abhän­gig von der Art der Ste­ri­li­sie­rung muss medi­zi­ni­sche Aus­rüs­tung hohen Tem­pe­ra­tu­ren, Strah­lung oder dem Kon­takt mit bestimm­ten Gasen wider­ste­hen, ohne dass sich ihre Cha­rak­te­ris­ti­ka ver­än­dern. Die­se zusätz­li­chen Anfor­de­run­gen müs­sen bei der Mate­ri­al­aus­wahl berück­sich­tigt wer­den und schrän­ken die Optio­nen ein.

Unter ande­rem beein­flus­sen fol­gen­de Fak­to­ren die Mate­ri­al­aus­wahl in der Medizintechnik:

Typi­sche Werk­stof­fe in der Medizinindustrie

Es gibt lei­der kei­nen uni­ver­sa­len Werk­stoff, der sämt­li­che Anfor­de­run­gen der Medi­zin­tech­nik abdeckt. Die Mate­ri­al­aus­wahl hängt immer vom Ein­satz­be­reich ab. Trotz der hohen Anfor­de­run­gen haben sich eini­ge Werk­stof­fe eta­bliert, die beson­ders häu­fig Ver­wen­dung finden.

Verschiedene Polymere /blog/materialauswahl-bei-der-gummiproduktion/

Ver­schie­de­ne Werk­stof­fe für die Medizintechnik

Sili­kon

Sili­kon ist ein bio­kom­pa­ti­bler Hoch­leis­tungs­kau­tschuk, der sich durch sei­ne her­vor­ra­gen­den Alterungs‑, Wit­te­rungs- und Tem­pe­ra­tur­be­stän­dig­kei­ten aus­zeich­net. Er ist unemp­find­lich gegen Alko­hol und ver­trägt Tem­pe­ra­tu­ren bis zu 250 bis 300 °C (je nach Mischung), kann also leicht ste­ri­li­siert wer­den. Dank sei­ner Wider­stands­fä­hig­keit wird Sili­kon häu­fig für funk­tio­na­le Bau­tei­le ein­ge­setzt, die nicht aus­fal­len dürfen. 

EPDM

EPDM ist ein robus­ter, lang­le­bi­ger Syn­the­se­kau­tschuk, der in ver­schie­de­nen medi­zi­ni­schen Pro­duk­ten Ver­wen­dung fin­det. Er ist unemp­find­lich gegen Wasser(dampf), Alko­hol, Säu­ren sowie alka­li­sche Lösungs­mit­tel. Rei­ni­gung und Ste­ri­li­sa­ti­on sind daher kein Pro­blem. Der Werk­stoff ist in sei­ner Grund­form nicht bio­kom­pa­ti­bel. Die­se Eigen­schaft kann jedoch durch Zusatz­stof­fe erreicht wer­den. EPDM ist sehr wider­stands­fä­hig und daher ein her­vor­ra­gen­des All­round-Mate­ri­al für die Medizintechnik.

Poly­ethy­len

Poly­ethy­len (PE), der welt­weit am häu­figs­ten ver­wen­de­te Kunst­stoff, besitzt eini­ge Cha­rak­te­ris­ti­ka, die ihn für die Medi­zin­in­dus­trie attrak­tiv machen. Er ist bestän­dig gegen Säu­ren und Lau­gen, bio­kom­pa­ti­bel, ver­schleiß­fest und rela­tiv güns­tig. PE fin­det Anwen­dung für Ver­pa­ckun­gen und Spritzen.

Poly­pro­py­len

Poly­pro­py­len (PP) ähnelt Poly­ethy­len sowohl bezüg­lich der Ver­brei­tung als auch der che­mi­schen und mecha­ni­schen Eigen­schaf­ten. Der Werk­stoff ist robust, unbe­stän­dig gegen Rei­ni­gungs- und Des­in­fek­ti­ons­mit­tel und hält hohen Tem­pe­ra­tu­ren stand. PP wird oft für Ver­pa­ckun­gen, Gehäu­se und Sprit­zen verwendet.

Poly­sty­rol

Poly­sty­rol (PS) ist vor allem wegen sei­ner opti­schen Eigen­schaf­ten für die Medi­zin­bran­che inter­es­sant. Der Werk­stoff besitzt eine hohe Trans­pa­renz und eig­net sich daher gut als Gla­ser­satz. PS fin­det unter ande­rem Ver­wen­dung für Fla­schen, Mess­be­cher und Petrischalen.

PVC

PVC ist ein robus­ter, lang­le­bi­ger Werk­stoff, die sich sehr leicht ver­ar­bei­ten lässt und aus­ge­spro­chen güns­tig ist. In der Medi­zin­tech­nik fin­det er unter ande­rem Ver­wen­dung für Schläu­che, Kathe­ter und Ein­weg­hand­schu­he. Da PVC sehr hart ist, wer­den dem Mate­ri­al oft Weich­ma­cher bei­gemischt, wel­che in der Ver­gan­gen­heit gesund­heit­li­che Beden­ken her­vor­rie­fen. Mitt­ler­wei­le sind die­se Zusatz­stof­fe jedoch DEHP-frei (Di(2‑ethylhexyl)phthalat) und daher sehr gut für den medi­zi­ni­schen Ein­satz geeignet.

Fazit

Kunst­stof­fe und Elas­to­me­re gehö­ren mitt­ler­wei­le zu den Stan­dard­ma­te­ria­li­en in der Medi­zin­tech­nik. Sie sind leicht, robust, gesund­heits­ver­träg­lich und rela­tiv güns­tig. Zudem las­sen sich ihre Mate­ri­al­ei­gen­schaf­ten fle­xi­bel an den Ein­satz­be­reich anpas­sen. Wich­tig ist jedoch, die Anfor­de­run­gen an das Pro­dukt sorg­fäl­tig zu spe­zi­fi­zie­ren. Gera­de in der Medi­zin­in­dus­trie kann es ange­sichts der hohen Qua­li­täts­an­sprü­che schwie­rig sein, einen Werk­stoff zu fin­den, der alle Vor­ga­ben opti­mal erfüllt. Daher emp­fiehlt es sich, im Zwei­fels­fall Materialexpert:innen zu befra­gen, die sich mit den Fall­stri­cken der Bran­che auskennen.

White­pa­per:
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Mitarbeiter des Vertriebsaußendienstes Tobias Bettels

Autor: Tobi­as Bettels

Tobi­as Bet­tels ist Ver­triebs­au­ßen­dienst­ler bei Jäger. Der staat­lich geprüf­te Betriebs­wirt hat mehr als 20 Jah­re Erfah­rung im Kunst­stoff­ver­trieb und war acht Jah­re in der Medi­zin­tech­nik tätig.

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